Braunschweig,

Prüfung zum Höhenretter

Braunschweig - 19.04.2015. Üblicherweise sind die Übungsdienste des THW Braunschweig und somit auch die der Höhenrettungsgruppe an einem Samstag. Diesmal war ein besonderer Dienst angesetzt: Die Prüfung zum Höhenretter gemäß der Vorgaben der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in der Bundesrepublik Deutschland (AGBF 2010 SRHT) des Helfers Martin Zacherl.

Der Prüfling Martin Zacherl während seiner Prüfung im Seil.

Die Prüfung zum Höhenretter setzt eine mindestens einjährige Mitgliedschaft in der Höhenrettungsgruppe sowie 80 Ausbildungsstunden voraus.

Bevor es allerdings zur praktischen Prüfung ging, musste erst noch ein Theorietest geschrieben werden. Die verschiedenen Grundvarianten der Speziellen Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT), wie die Höhenrettung ganz korrekt heißt, wurden abgefragt. Ebenso Fragen zur Material- und Gerätekunde, zu Sicherheitsvorschriften, zum Hängetrauma und der Berechnung von Flaschenzügen.

Nach bestandenem Theorietest ging es an die Übungsstelle. Dort gab es eine kurze Einweisung in die Übungslage und eine individuelle Prüfung für Martin. Es mussten verschiedene Verankerungen und auch mögliche Befestigungspunkte gezeigt werden. Nachdem dieser Teil zu Florian Immels, Gruppenführer und Prüfer der Höhenrettungsgruppe, Zufriedenheit abgeschlossen war, erhielten die Mitglieder der Höhenrettung eine Einweisung in die weitere Prüfungslage:

Eine Industrieanlage wird abgerissen, zum Teil sind noch Stahlkonstruktionen vorhanden. Durch einen Fehler im Ablauf wurde der reguläre Zugang zu mehreren Arbeitern entfernt. Eine Fähigkeit der Höhenrettungsgruppe ist es, mittels Seilzugangstechnik (SZT) auch zu solchen Punkten zu gelangen, die sonst nicht (sicher) erreichbar wären. Verschiedene Varianten wurden geprüft. Einmal musste gezeigt werden, wie ein im Seil hängender Arbeiter von oben gerettet werden kann, wenn dessen Seillänge nicht bis zum Boden ausreicht. Weiterhin musste eine sogenannte Passiv-Passiv-Abseilmöglichkeit aufgebaut werden. Passiv bedeutet in diesem Kontext, dass der Retter selbst am Seil eingebunden ist und dadurch nicht in der Lage ist, sich selbständig zu positionieren. Dieses Variante hat den Vorteil, dass der rettende Helfer beide Hände frei hat und sich um einen Patienten oder eine hilflose Person kümmern kann. Gleichzeitig setzt dieses Verfahren neben dem großen Vertrauen in die anderen Helfer des Teams auch eindeutige und gut funktionierende Kommunikation voraus, da der Retter von oben durch die Kameraden auf die richtige Höhe abgelassen werden muss. Auch der Prüfling durfte im Seil abfahren und wieder aufsteigen. Eine Aufgabe, die zum Standardrepertoire der Höhenretter gehört; umso wichtiger ist es, auch dieses Verfahren zu prüfen, denn gerade in der Routine könnten sich sonst Nachlässigkeiten und Fehler einschleichen. Fehler bei der Höhenrettung müssen vermieden werden, was durch das Vier-Augen-Prinzip, den Partnercheck und die konsequente Nutzung zweifacher Systeme (Redundanz) gewährleistet wird.

Um genau dieses Grundprinzip zu verinnerlichen, bestand die nächste Prüfungsaufgabe darin, Fehler zu entdecken. Martin wurde von Florian außer Sicht- und Hörweite geschickt, während der Rest der Gruppe "präpariert" wurde. Es galt alle Fehler und Unregelmäßigkeiten zu finden. Ein falsch gebundener Knoten, oder gar der falsche Knoten für die jeweilige Anwendung waren die eher offensichtlichen Fehler. Einen zu lose eingestellten Beingurt zu erkennen, gelingt erst mit einiger Erfahrung, kann aber verhindern, dass sich der betroffene Helfer massive Verletzungen zuzieht. Die Augen eines Höhenretters sind durch die vielen Übungen geschult, Unregelmäßigkeiten zu erkennen; die Kultur in der Höhenrettungsgruppe ist es, Fehler anzusprechen, ohne dabei vorwurfsvoll zu sein. So sind nicht zugeschraubte Karabiner ein Fehler, der entdeckt, angesprochen und auch gleich behoben wird. Alles Dinge übrigens, die in dieser Prüfungssituation bewusst gehäuft eingebaut wurden - es sollte schließlich getestet werden - in der Übungspraxis sind Fehler so gut wie nie vorhanden, da alles von einer zweiten Person geprüft wird. Es fiel auf, dass es den Kameraden der Höhenrettungsgruppe sichtlich unangenehm war, Fehler bewusst einzubauen und diese nicht sofort anzusprechen; in der Praxis undenkbar, in der Prüfung notwendig.

Eine weitere Prüfungsaufgabe bestand darin, eine auf der Industrieanlage verbliebene obdachlose Person zu retten. Im Gegensatz zu den Arbeitern hatte diese Person selbst keine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) an, so dass ein spezieller Rettungsgurt aus der Höhenrettungsgruppe eingesetzt werden musste. Hier war eine der Prüfungsaufgaben, mit der Person zu sprechen, um diese darauf vorzubereiten, gleich, mit einem Retter verbunden, sicher zu Boden gelassen zu werden.

Anschließend wurde noch eine spezielle Seilbahnvariante theoretisch durchgesprochen und von Martin per Skizze erläutert.

Am Ende des Prüfungstages erfuhr Martin, dass er die Prüfung bestanden hat. Die Gelegenheit wurde genutzt, um Stefan Estelmann, der letztes Jahr seine Prüfung bestanden hatte, zum Truppführer der Höhenrettungsgruppe zu berufen.

Text: Martin Zacherl


Alle Rechte am Bild liegen beim THW Ortsverband Braunschweig, Frank Reschke.




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